von G. Vavra
Seit Oktober tobt nun schon der Krieg in Palästina, und es wird Tag für Tag offensichtlicher, dass die Politik der israelischen Regierung dabei den Charakter eines Völkermordes annimmt. Mit Selbstverteidigung seitens Israels hat das Gemetzel im Gazastreifen auf jeden Fall nichts mehr zu tun. Von den über 30.000 von der israelischen Regierung im Gazastreifen Ermordeten sind die überwältigende Mehrheit Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder. Und aus österreichischer Sicht zusätzlich empörend ist, dass die hiesige Regierung unter komplettem Aufgeben des Anscheins von Neutralität den Cheerleader Israels spielt, und dabei bei Abstimmungen vor der UN stärker als Verbündeter Israels auftritt, als die meisten NATO-Staaten, darunter sogar Deutschland.
Aussagekräftig ist in diesem Konflikt wieder einmal die Positionierung der Rechten. Während die Rechte zurecht den radikalen Islam kritisiert, blendet sie zwei Fakten komplett aus: Erstens besteht das palästinensische Volk nicht nur aus radikalen Moslems, und die israelische Regierung bekämpft Palästinenser unabhängig von ihrer politischen und religiösen Orientierung. Unter den Kräften, die gegen Israel kämpfen sind nicht nur religiöse, sondern auch säkulare Kräfte wie die PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) und die DFLP (Demokratische Front zur Befreiung Palästinas). Zudem töten die israelischen Streitkräfte Zivilisten im Gazastreifen absolut wahllos, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit. Auch Kirchen und andere christliche Einrichtungen wurden im Gazastreifen zerstört, was die angeblich christliche Rechte im Westen aber nicht besonders zu stören scheint.
Der zweite oft ausgeblendete Faktor ist, dass Israel keineswegs eine Kraft ist, die gegen den radikalen Islam kämpft. Die Hamas beispielsweise wurde von Israel gezielt großgemacht, um die säkulare PLO zu schwächen, und noch vor wenigen Jahren standen Israel und die Hamas im syrischen Bürgerkrieg auf derselben Seite, wobei Israel alle möglichen islamistischen Kräfte, darunter deutlich extremere als die Hamas, im Kampf gegen die syrische Regierung unterstützte. Ein wichtiger israelischer Verbündeter im Nahen Osten ist zudem Aserbaidschan, das zwar kein religiöser Staat ist, aber doch ein muslimischer Staat, der gegen Armenien, die älteste christliche Nation der Welt kämpft, und in den letzten Jahren zwei Kriege gegen dieses geführt hat, was mit der ethnischen Säuberung Bergkarabachs einherging. Wo ist die christliche Rechte Europas, wenn es darum geht, die Christen Syriens und Armeniens gegen Israel und seine Verbündeten zu verteidigen? In der Regel schweigt sie genauso wie im Falle des Genozids an der Bevölkerung Gazas.
Während die Reaktion des offiziellen Österreichs auf den Völkermord in Gaza beschämend ist, treten erfreulicherweise viele Länder des Globalen Südens mit scharfer Kritik an der Politik Israels und dem Westen hervor, und benennen den Genozid offen als solchen. Besonders ist das Verhalten der Organisation Ansar Allah (besser bekannt als Huthi) im Jemen nennenswert. Diese Bewegung, die in den letzten Jahren einem brutalen Krieg seitens Saudi-Arabiens ausgesetzt war, stellt sich offen und militärisch an die Seite des palästinensischen Volkes, wobei Raketen auf Israel abgefeuert und westliche Schiffe blockiert werden.
Andere arabische Länder treten, obwohl es ihre Bevölkerung wünscht, nicht so offen an der Seite der Palästinenser auf. In diesem Kontext muss man sich aber auch der Gefahr einer weiteren Eskalation bewusst sein. Wenn beispielsweise die Hisbollah an der Seite Palästinas eingreift, besteht die Gefahr, dass Israel den Völkermord auch noch auf den Libanon ausdehnt. Und selbst wenn man davon ausgeht, dass die Araber insgesamt stärker als Israel sind, dass also beispielsweise Ägypten mit seinen mehr als 100 Millionen Einwohnern Israel stoppen könnte, sollte man bedenken, dass Israel eine Atommacht ist, und seine Regierung absolut unberechenbar.
Auch wenn Israel zwar nicht unbesiegbar ist, aber doch so mächtig, dass es jedem potenziellen Gegner einen unvorstellbaren Schaden zufügen kann, lässt sich mit dem gegenwärtigen Krieg doch festhalten, dass der Zionismus gescheitert ist. Die Grundidee des Zionismus ist schließlich den Juden eine sichere Heimat zu bieten, wo sie vor Pogromen sicher sind. Genau diese Grundidee erfüllt der Staat Israel jedoch nicht. Im Gegenteil, leben nicht nur die Juden in Israel selbst extrem unsicher, sondern auch der Antisemitismus weltweit wird durch die Politik der israelischen Regierung gefördert, was vor allem auf der von Zionisten wie Antisemiten gleichermaßen betriebenen Gleichsetzung von Judentum und Zionismus beruht. Trotzdem gibt es weltweit genügend Länder, in denen Juden, von denen die Mehrheit schließlich nicht in Israel lebt, willkommen sind und im Gegensatz zum derzeitigen Zustand in Israel ein normales Leben in Frieden führen können.